Welche Einstellungsmöglichkeiten gibt es bei Ordnungswidrigkeiten gegen Unternehmen und Führungskräfte?

13.8.2024

Geschäftsführer können aufgrund ihrer Position und Verantwortung im Unternehmen von verschiedenen Ordnungswidrigkeitentatbeständen betroffen sein. Ebenso können Mitarbeiter des Unternehmens wegen berufsbezogener Pflichtverletzungen Bußgeldrisiken ausgesetzt sein. Hier finden Sie einen Überblick über typische Sachverhaltskonstellationen aus unserer Beratungspraxis und wie diese Verfahren zur Einstellung gebracht werden können.

Eine der häufigsten Ordnungswidrigkeiten im wirtschaftlichen Kontext ist die Verletzung der Aufsichtspflicht gemäß § 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). Dieser Vorwurf kommt in Betracht, wenn:

  • Erforderliche Aufsichtsmaßnahmen zur Verhinderung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Unternehmen unterlassen werden
  • Mitarbeiter Pflichtverletzungen begehen, die durch angemessene Aufsicht hätten verhindert oder erschwert werden können

Darüber hinaus können folgende Verstöße Bußgelder gegen Unternehmen und Führungskräfte nach sich ziehen:

Buchführungs- und Bilanzierungsverstöße

Geschäftsführer können für Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Buchführung und Bilanzierung verantwortlich gemacht werden, wie:

  • Unrichtige oder unvollständige Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft in der Bilanz
  • Verletzung von Aufbewahrungspflichten für Geschäftsunterlagen
  • Verspätete oder unterlassene Einreichung des Jahresabschlusses beim Bundesanzeiger

Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften

Hierzu gehören Ordnungswidrigkeiten wie:

  • Nichteinhaltung von Arbeitszeitregelungen
  • Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen, insbesondere Verstößen gegen die BetrSichV (Nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig durchgeführte Gefährdungsbeurteilung; Verstoß gegen die Pflicht zur wiederkehrenden Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen)
  • Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne gültige Arbeitserlaubnis

Steuerrechtliche Ordnungswidrigkeiten

Geschäftsführer können für steuerliche Ordnungswidrigkeiten belangt werden, beispielsweise:

  • Verspätete oder unterlassene Abgabe von Steuererklärungen
  • Fehlerhafte Führung von Aufzeichnungen für steuerliche Zwecke
  • Versäumnisse bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen

Datenschutzverstöße

Mit der zunehmenden Bedeutung des Datenschutzes können auch Verstöße gegen die DSGVO als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, etwa:

  • Unzureichende Implementierung von Datenschutzmaßnahmen
  • Nichtbeachtung von Informationspflichten gegenüber Betroffenen
  • Versäumnisse bei der Meldung von Datenschutzverletzungen

Wettbewerbsrechtliche Verstöße

Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Wettbewerbsrechts können ebenfalls Geschäftsführer treffen, zum Beispiel:

  • Verstöße gegen Werberichtlinien
  • Unlautere Geschäftspraktiken
  • Nichteinhaltung von Kennzeichnungspflichten für Produkte

Es ist wichtig zu betonen, dass Geschäftsführer nicht nur für eigenes Fehlverhalten, sondern unter Umständen auch für Versäumnisse bei der Überwachung und Kontrolle ihrer Mitarbeiter zur Verantwortung gezogen werden können. Die Einführung effektiver Compliance-Systeme und regelmäßige Schulungen können helfen, das Risiko solcher Ordnungswidrigkeiten zu minimieren

Im Ordnungswidrigkeitenrecht gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Einstellung des Verfahrens:

1. Einstellung durch die Verfolgungsbehörde

Die Verfolgungsbehörde (in der Regel die Verwaltungsbehörde) hat ein pflichtgemäßes Ermessen bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. Sie kann das Verfahren einstellen, solange es bei ihr anhängig ist.

2. Gerichtliche Einstellung

Einstellung wegen nicht gebotener Ahndung

Das Gericht kann das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in jeder Lage einstellen, wenn es eine Ahndung nicht für geboten hält. Die Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist nicht erforderlich, wenn:

  • Durch den Bußgeldbescheid eine Geldbuße bis zu 100 Euro verhängt wurde
  • Die Staatsanwaltschaft erklärt hat, nicht an der Hauptverhandlung teilzunehmen

Einstellung in der Hauptverhandlung

In der Hauptverhandlung kann das Gericht das Verfahren ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft einstellen, wenn diese nicht anwesend ist. Der Vertreter der Verwaltungsbehörde erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, kann die Einstellung aber nicht verhindern

Einstellung außerhalb der Hauptverhandlung

Erfolgt die Einstellung durch schriftlichen Beschluss außerhalb der Hauptverhandlung, ist die vorherige Zustimmung der Staatsanwaltschaft erforderlich.

3. Einstellung durch den Staatsanwalt

Der Staatsanwalt kann das Verfahren sowohl wegen der Straftat als auch wegen der Ordnungswidrigkeit einstellen. In diesem Fall trifft er eine einheitliche Einstellungsverfügung.

Wichtige Hinweise

  • Die Einstellung des Verfahrens darf im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht von der Zahlung eines Geldbetrages abhängig gemacht werden.
  • Ein Einstellungsbeschluss wird sofort rechtskräftig, da ein Rechtsmittel ausdrücklich ausgeschlossen ist.
  • Bei Einstellung wegen Verfolgungsverjährung ist in der Hauptverhandlung keine Zustimmung der Staatsanwaltschaft erforderlich.

Effektive Verteidigung: Finanzielle Auswirkungen begrenzen und Eintragung ins Gewerbezentralregister vermeiden

Ein Eintrag im Gewerbezentralregister kann weitreichende negative Folgen haben:

  • Behörden, öffentliche Auftraggeber und Gerichte haben Zugriff darauf und nutzen die Informationen zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Unternehmen.
  • Es droht der Verlust der Gewerbeerlaubnis, was die Geschäftsfähigkeit massiv einschränken kann.
  • Die Reputation des Unternehmens kann nachhaltig geschädigt werden, was zu Vertrauensverlust bei Kunden, Partnern und Investoren führt.
Portrait-Foto von Dr. Tony Rostalski, Fachanwalt für Strafrecht und Zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Hinter ihm ist der Flur eines modernen Büros in Unschärfe zu sehen.
Dr. Tony Rostalski
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht

FOCUS Business zählt Dr. Tony Rostalski zu "Deutschlands Top-Rechtsanwälten 2024" im Bereich Strafverteidigung.

T:

E:

LinkedIn Symbol Blau

Die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten bieten Flexibilität im Umgang mit Ordnungswidrigkeiten und ermöglichen vielfach eine angemessene Verfahrensbeendigung je nach Einzelfall und Verfahrensstand. Durch eine strategische und frühzeitige Verteidigung gegen Bußgelder können Unternehmen nicht nur unmittelbare finanzielle Nachteile abwenden, sondern auch ihre langfristige Geschäftsfähigkeit und ihren Ruf schützen. Eine proaktive Herangehensweise in solchen Situationen ist daher oft der Schlüssel zur Wahrung der Unternehmensinteressen in einem zunehmend komplexen rechtlichen Umfeld.

Sie möchten einem Bußgeldverfahren vorbeugen oder sehen sich bereits damit konfrontiert? Sprechen Sie uns gerne an.

Portrait-Foto von Dr. Tony Rostalski, Fachanwalt für Strafrecht und Zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Hinter ihm ist der Flur eines modernen Büros in Unschärfe zu sehen.
Dr. Tony Rostalski
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht

FOCUS Business zählt Dr. Tony Rostalski zu "Deutschlands Top-Rechtsanwälten 2024" im Bereich Strafverteidigung.

T:

E: